Marcelo Figueras – Kamtschatka

Marcelo Figueras – Kamtschatka (Argentinien, 2003)

 

Eins meiner liebsten Bücher. Ein gefühl- und humorvoller Roman mit künstlerisch hohem Anspruch. Figueres vermittelt einen intensiven Eindruck von den schrecklichen Vorkommnissen während des Militärputsches (1976 – 1981) in Buenos Aires, ohne über Gewalt und Politik zu schreiben. Dies gelingt ihm dadurch, dass er den Leser die Sicht eines Kindes aus einer Familie, die vor der Diktatur fliehen muss, einnehmen lässt. Eine Schreckensherrschaft und ihre Folgen werden hier besser verständlich gemacht als in jedem Geschichtsbuch, denn hier es geht darum, mit dem Herzen zu verstehen. Ein Buch voller Weisheit.

Der zehnjährige Harry muss mit seinen Eltern und seinem kleinen Bruder „der Zwerg“ Hals über Kopf vor der Militärdiktatur fliehen. Ihr neues zu Hause ist ein Landhaus, in dem sie ein komplett neues Leben inklusive neuer Namen beginnen müssen. Für die Eltern stellt das Leben im Untergrund eine große Gefahr dar, den Kindern gelingt es jedoch, ein großes Abenteuer daraus zu machen.
Sohn und Vater fühlen sich besonders miteinander verbunden, dies zeigt sich auch im gemeinsamen Spiel des Brettspieles Kamtschatka in dem es darum geht die Welt zu erobern. Hoffnung, die sich auch auf das eigene Leben überträgt, besteht, da sich das kleine Land Kamtschatka (ihr Landhaus) erfolgreich gegen die Übermacht feindlicher Armeen verteidigen kann.

„Anfangs dienten die Wörter dazu, zu benennen, was bereits existierte. Mutter. Vater. Wasser. Kälte. In fast allen Sprachen sind diese Wörter, die diese Grundbestandteile des Lebens bezeichnen, ähnlich oder haben den gleichen Klang. Madre ist ´ummm auf Arabisch, Mutter auf Deutsch, mat auf Russisch. (Die ganze Erde ist Erde.) Wörter hingegen, die menschliche Erfahrungen bezeichnen wie Angst, klingen nirgendwo gleich: Angst ist nicht wie das englische fear und auch nicht wie das französische peur. Mir gefällt der Gedanke, dass wir uns mehr in den guten Erfahrungen als in den schlechten ähneln und dass folglich stärker ist, was uns verbindet, als das, was uns trennt.“

„Wir denken auch mit dem Körper, mit den Empfindungen, die wir haben und mit unserer Zeitvorstellung.“

„Man baut eine Mauer auf, um sich vor der Außenwelt zu schützen, und am Ende stellt man fest, dass man darin eingeschlossen ist. …Es ist besser zu leiden, als nichts mehr zu fühlen.“

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