Vorhang auf!

Spanien und Oper? Nein, das gehört nicht zusammen. Italien ist das Land der Oper.

Natürlich völlig falsch! Die spanische Oper bzw. Operette heißt nur anders, nämlich Zarzuela. Bei dieser Art von Musiktheater wird abwechselnd gesungen und gesprochen, die Originalkompositionen sind häufig ergänzt duch Volkslieder oder populäre Schlager. Es existiert sogar eine Zarzuela über mein ehemaliges Wohngebiet in Madrid: El barberillo de Lavapiès. Außerdem wurde Spanien, insbesondere Sevilla, gern als Handlungsort für Opern ausgewählt.

Eine meiner Bekannten in Madrid ist Zarzuela- Sängerin. Leider habe ich es bisher versäumt, mir eine ihrer Aufführungen anzuschauen. Und nicht nur das! Komischerweise hatte ich bisher alle Opern, die ich während meines Spanienjahres besuchte, überall, nur nicht in Spanien gesehen. Es begann mit dieser verrückten Woche im Dezember, die ich in einem anderen Bericht angedeutet hatte. Montag: Semperoper in Dresden, La Bohème; Donnerstag: tschechisches Marionettentheater in Prag, Don Giovanni (Handlungsort: Sevilla); Freitag: Theater am Goetheplatz in Bremen, Die Zauberflöte. Dank Einladung meiner Eltern in der ersten Reihe, was das Ganze zu einem besonderen Erlebnis machte. Spätestens nach der dritten Oper war klar, dass ich wieder mehr singen muss, und zwar klassisch. Das tue ich seitdem auch, und besuche fleißig weiter Opern. Beispielsweise an meinem letzten Abend in Deutschland, an dem ich von einer lieben Verwandten zur deutschen Uraufführung  von Verdis „Jerusalem“ eingeladen wurde. Als nach der Vorführung alle Mitwirkenden vorgestellt wurden, stellte ich fest, dass es im Bonner Theater Team von Spaniern nur so wimmelt. Besonders hinter der Bühne. Eine von ihnen durfte ich Dank meiner Verwandten, deren ehemaliger Arbeitsplatz das Opernhaus ist, persönlich kennenlernen: Frau Picasso. Die Großnichte des berühmten spanischen Malers ist in der Bonner Oper als Sprachcoach tätig. Die kleine, adrett gekleidete Dame, die sich schon länger in einem Alter befinden muss in dem man in Deutschland nicht mehr arbeitet, übt ihren Beruf offensichtlich weiterhin mit großer Freude aus und strotzt nur so vor Energie. Sie erklärte, dass die Opernsprache nicht ohne Grund italienisch sei. Französisch, wie in der Oper Jerusalem, sei viel schwieriger zu singen. Sie stimmte allerdings mit mir überein, dass die Oper Carmen eine Ausnahme darstellt.

Nach diesem pompösen Abschied aus Deutschland verlangte es mir, in Palma angekommen, sofort nach Kontinuität. Ich besuchte die Oper La Cavalleria Rusticana (Sizilianische Bauernehre) im Teatro Real. Die Spanier lieben diese Oper. Ich kannte sie bisher nicht, auch wenn das bekannte Intermezzo in der Trilogie „Der Pate“ eine wichtige Rolle einnimmt. Nach besagtem Intermezzo gab es Standing Ovations. Auch wenn mir die Oper sehr gut gefallen hat, weiß ich noch nicht, was an diesem Stück das Besondere ist und werde es mir noch einige Male anhören um es herauszufinden. Vielleicht wisst ihr es ja:

Die Oper ist der bekannteste Vertreter des Verismus (gekennzeichnet durch überrealistische Darstellungen alltäglicher Situationen, auch Grausamkeiten) und wurde von Pietro Mascagni verfasst. Seine einzige bekannte Oper.

Das Teatro Principal ist mit seinen roten Stühlen aus Samt und den Goldverzierungen wunderschön und gemütlich zugleich.

Teatro Principal
Das Teatro Principal

Im Kontrast dazu wirken die Kantinen, in denen man sich zur Pause ein Getränk und ein belegtes Brötchen für den kleinen Hunger bestellen kann, schmucklos wie Schulkantinen.
Die Opern werden hier etwas anders auf die Bühne gebracht, nämlich halbszenisch und lediglich mit einem Bühnenbild. Auch gibt es von einer Oper meist nur zwei Aufführungen. Auf der kleinen Insel leben einfach nicht so viele Menschen, die regelmäßig das Theater besuchen. Zum Leid aller anderssprachigen Besucher wird die Übersetzung der Texte nur in castellano und mallorquin angezeigt. Für mehr Sprachen ist nunmal kein Platz. Mit Verwunderung stellte ich fest das selbst das Wort „Halleluja“ sich in diesen beiden Sprachen unterscheidet.

Dank meiner Gesangslehrerin, einer Opernsängerin die in Port Andratx lebt, mache ich nun eine Art Praktikum im Teatro Principal. Gestern konnte ich das erste Mal einer Probe der Oper Salome von Strauss beiwohnen. Sicherlich eine der brutalsten Opern der Geschichte und deshalb auch zeitweise verboten. Ich bin sehr gespannt auf die morgige Probe und darauf, die Leute kennen zu lernen. Die Sänger stammen aus allen Erdteilen und sind meist nur auf Besuch in Palma. Für die Einen geht es danach zu den Salzburger Festspielen, für den Anderen in die USA zur nächsten Operninszenierung. Die Rolle des Jochanaan (Johannes der Täufer) verkörpert ein Herr aus Toronto, der den kleinen Pausen zwischen den Proben mit seinen Stepptanzeinlagen ein wenig Würze beimischt. Die anderen Sänger stehen ihm in Sachen Scherze aber nur wenig nach.

Momentan singe ich französisch, Crespin. Frau Picasso würde schimpfen. Lieber italienisch, bis die Technik perfekt sitzt. Nun, wenigstens die Hausbewohner freuen sich über den Gesang. Wenn man aus einem kleinen Dorf in Kolumbien kommt, ist einem klassische Musik nicht unbedingt geläufig.

Hier eine kleine Hörprobe, allerdings nicht auf französisch. Komponiert von einem Österreicher, der Text auf Italienisch, Ort der Handlung wieder Sevilla.

 

 

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  1. Dao Humanyu sagt:

    Interessant. Wieder was gelernt. 🙂

    Gefällt 1 Person

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